Adiaphorie und Kunst

Bok av Reimund B. Sdzuj
das Buch verfolgt den Prozess einer tiefgreifenden Wandlung des Kunstverstandnisses: vom Verlust der religios-kultischen Funktion, den die Kunst im protestantischen Raum des 16. Jahrhunderts als Adiaphorisierung erlebt, bis zur Begrundung einer regelrechten philosophischen Disziplin namens >Aesthetica< und nachfolgend einer Kunst als neuer Religion im ausgehenden 18. Jahrhundert. Es versucht die Hypothese einer heterogonen Herkunft des spezifisch modernen 'Asthetik'-Konzeptes, eines der bedeutsamsten und auffallendsten kulturellen Phanomene der Neuzeit, zu begrunden. Erst durch die Rezeption scholastischer Theorien des Mittelalters uber die Moglichkeit der religiosen und moralischen Indifferenz menschlicher Akte im Protestantismus konnte die ursprunglich streng theozentrische Weltorientierung der fruhen Reformatoren und deren weltbezogene Entsprechung, das praktische Nutzlichkeitsdenken, im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts schrittweise uberwunden werden, und zwar aus genuin theologischen Grunden. Diese Entwicklung, die man nicht als Sakularisierungsprozess beschreiben kann, schuf nicht nur Platz fur unbefangenere Weisen der Weltzuwendung und des Weltgenusses; sie ermoglichte teilursachlich auch die Ausdifferenzierung eines autonomen Kunstdiskurses durch die Ansiedlung des Kunstlerischen in der Sphare des Adiaphorischen.