Demokratie und Politik in Deutschland

Bok av Gert-Joachim Glaener
"e;Kaum je ist ein Staat so zur Welt gekommen"e; bemerkte Bundesprasident Ri- chard von Weizsacker in seiner Rede anlalich des 40. Jahrestages des Inkraft- tretens des Grundgesetzes am 24. Mai 1989. Am 8. Mai 1945 hatte das Deutsche Reich bedingungslos kapituliert. Damit wurde die totale Niederlage des nationalsozialistischen Deutschland besiegelt. Die oberste Regierungsgewalt in Deutschland wurde von den Alliierten ubernommen. Eine staatlich verfate deutsche politische Ordnung existierte nicht mehr, und es war mehr als fraglich, ob und wann dies einmal wieder der Fall sein wurde. Der bedeutendste deutsche Historiker jener Jahre, Friedrich Meinecke, sah in seinem Buch "e;Die deutsche Katastrophe"e; das Ende der politischen Geschichte Deutsch- lands gekommen. Nur als Kulturnation konne Deutschland auf voraussehbare Zeit weiter existieren. Nur vier Jahre spater, im Mai 1949, verabschiedete der Parlamentarische Rat in Bonn das Grundgesetz fur die Bundesrepublik Deutschland, nicht als Verfas- sung im traditionellen Sinne, sondern als vorlaufige verfassungsrechtliche Grund- lage fur ein "e;Transitorium"e; (Theodor Heuss), einen "e;Notbau"e; (Carlo Schmid). Niemand dachte damals daran, da dieses Provisorium Bundesrepublik fast ein halbes Jahrhundert bestehen wurde. Nur zogerlich hatten sich die deutschen Po- litiker uberhaupt darauf eingelassen, die von den Alliierten gewollte und for- cierte Staatsgrundung mitzutragen und mitzugestalten. Sie furchteten um die Einheit der Nation. Gleichwohl war die Bundesrepublik kein ,,spalterstaat"e;, wie es ihr immer wieder von den Kommunisten vorgeworfen wurde. Vorbereitungen fur eine Separatstaatsgrundung gehen im Westen und im Osten Deutschlands auf die unmittelbare Nachkriegszeit zuruck.