Jahrbuch F r Soziologiegeschichte 1994

Bok av Carsten Klingemann
Im allgemeinen wird auch Ferdinand Tnnies zu den Grndungsvtern der mo demen deutschen Soziologie gezhlt. Er unterscheidet sich jedoch im folgenden Punkt von Weber und Simmel: Die soziologischen Grundkategorien von Tnnies - Wesenwille und Krwille also - sind naturrechtlich; seine Typen des menschli chen Willens beziehen sich nicht auf einen bestimmten Aspekt des menschlichen Kulturlebens (siehe dazu: Abschnitt 11; Anm. 5), sie umfassen vielmehr zwei Kulturformen - d. h. Gemeinschaft und Gesellschaft - ganzheitlich. Tnnies steht also Comte und Spencer nher als Weber und Simmel (vgl. Zander 1986; Bickel 1988; Ringer 1983). Auffallend ist, da trotz der Postition und Bedeutung von Max Weber und Simmel in der Entwicklung der frhen deutschen Soziologie die Forschung ber die beiden Denker sehr asymmetrisch ausfllt. Die Weberfor schung ist seit vielen Jahren in starkem Auftrieb; man spricht von der "Max We ber-Renaissance", und sogar von der "Max Weber-Industrie". Dies trifft fr ver schiedene Aspekte zu: Rezipiert werden Webers Theorie, Methodologie, histori sche Studien sowie empirische Forschungen. Im Kontrast dazu fllt die Simmel rezeption sprlicher aus. Dies liegt unter anderem darin begrndet, da Simmel viele Sinndimensionen der Modeme mit unterschiedlichen Betrachtungsweisen zu bewltigen versucht, so da empirische Erkenntnisse und philosophisch-meta physische Thematiken nebeneinander stehen. Es fllt schwer, bei Simmel die Sy stematik zu finden; bei der Simmelrezeption konkurrieren positivistische, stheti zistische, impressionistische und hegelianische Interpretationen (vgl. Schnabel 1984). Allerdings lt sich feststellen, da seit den 80er Jahren im Zusammen hang mit der Diskussion der ,Modeme' bzw.