Bedingt abwehrbereit? : Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Gefahrenabwehrmaßnahmen auf Kosten Unschuldiger am Beispiel des Luftsicherheitsgesetzes

Bok av Frank Winkeler
Als Reaktion auf die Attentate vom 11. September 2001 in den USA hat der Deutsche Bundestag am 18. Juni 2004 das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) beschlossen. Hiernach wird dem Staat die Ermächtigung gegeben, im Extremfall als Ultima-Ratio-Maßnahme ein auch mit Unschuldigen besetztes Luftfahrzeug abzuschießen, wenn es - zur fliegende Bombe umfunktioniert - zielgerichtet auf ein Objekt am Boden oder in der Luft gesteuert wird. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung des LuftSiG u.a. wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Die gesetzlich ermöglichte staatliche Tötung unschuldiger Menschen ist demnach auch als Ultima-Ratio-Maßnahme im Falle des »Szenarios des 11. Septembers« unzulässig. Somit ist ein Eingriff in die Grundrechte der Passagiere an Bord auch dann ausgeschlossen, wenn nur auf diese Weise unzählige Menschen am Boden vor dem Tod bewahrt werden könnten.Zentraler Gegenstand der Darstellung ist die Frage, ob das Grundgesetz dieses Ergebnis fordert oder ob das Grundgesetz im Hinblick auf die staatliche Schutzpflicht für jedes menschliche Leben auch eine andere Auslegung zulässt.