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System der Rechte, demokratischer Rechtsstaat und Diskurstheorie des Rechts nach Jürgen Habermas.
Bok av Werner Krawietz
Dieses Habermas-Sonderheft ist die erste umfassende, rechts- und staatstheoretische, auch international vergleichende und vertiefte Auseinandersetzung mit der Diskurstheorie des Rechts. Bei dem Wort und Begriff Diskurstheorie handelt es sich, wie Normen- und Rechtstheoretiker besser als andere Sozialtheoretiker und Philosophen wissen, die es nur am Rande oder gar nicht mit dem Recht zu tun haben, um einen Kollektivsingular.Es gibt in der Tat, wie dieser Band belegt, nicht nur eine, sondern eine ganze Reihe von zum Teil höchst unterschiedlichen Diskurstheorien. Auch referieren die diversen Untersuchungen, wie schon der Titel, bewußt vieldeutig, zum Ausdruck bringt, auf die Diskurstheorie des Rechts "nach" Jürgen Habermas in dem doppeldeutigen Sinne, daß es (1) um den Diskurs und die Diskurstheorie von bzw. in Anlehnung an Habermas geht, aber auch (2) um andere, unabhängig von Habermas und nach ihm, d. h. später entwickelte Diskurstheorien des Rechts, die unter Umständen auch im Gegensatz zu Habermas' Konzeption entwickelt wurden und werden, freilich ohne sich ihr ganz entziehen zu können. Tatsächlich gibt es längst eine neue Theorie des juristischen Diskurses ohne Diskursphilosophie. All dies wirft zugleich ein neues Licht auf das in den jeweiligen Rechtsordnungen - seien sie staatlicher oder nichtstaatlicher Provenienz (non-State-legal-systems) - enthaltene System der Rechte und auf die demokratische Struktur heutiger Rechtsstaaten.In dem rechtspraktisch relevanten Dreieck zwischen den Einflußgrößen von Tradition, Anforderungen der Moderne und den Erfordernissen einer Informations- und Kommunikationsgesellschaft, denen auch politisch-rechtliche Systeme, insbesondere staatlich organisierte Rechtssysteme unterliegen, kann die zeitgenössische Rechtstheorie die durch leidvolle Erfahrungen im Umgang mit dem Recht immer wieder bestätigte Tatsache nicht ignorieren, daß auch demokratisch gewählte oder in Volksabstimmungen bestätigte Regime nicht selten die Grenzen mißachten, die ihrer Macht und aller staatlichen Autoritätsausübung von der jeweiligen Verfassung gezogen werden. Hier hilft jedoch nicht die bloße Option für und die Berufung auf die Idee eines Verfassungs- und Rechtsstaats oder auf die unter idealen Bedingungen ablaufenden politisch-rechtlichen Diskurse.Die philosophischen Voraussetzungen und Implikationen der zeitgenössischen Diskurstheorie, insbesondere einer Diskurstheorie von Demokratie, Staat und Recht sind bis auf den heutigen Tag weitgehend unaufgeklärt geblieben. Nicht von ungefähr spricht - etwas spitzzüngig - Enrique P. Haba in seiner Standortbestimmung der heutigen Rechtstheorie, diskurstheoretisch gewendet, von der "Heiligen (Rede-)Familie" von Rawls, Dworkin, Habermas und anderen, deren universale "Redevernunft" er in seinen amüsant zu lesenden Polemiken nicht ganz ohne Grund attackiert. Die Passagen über "Nichtwissen als Trumpfkarte" und sein "Lob der Ignoranz - vor allem, wenn man sie auf Englisch verkündet", erscheinen geeignet, den deutschsprachigen Leser mit der Leistungsfähigkeit seiner eigenen Wissenschaftssprache wieder zu versöhnen.Aus dem Editorial