Wegfall und Entmachtung des einzigen Komplementärs

Bok av Dennis Schlottmann
Verliert eine Personenhandelsgesellschaft eines ihrer Mitglieder, geht dies niemals spurlos an ihr vorbei. Denn jedenfalls kommt es infolge dieses Rechtsvorgangs zu einer Veränderung des Mitgliederbestandes, sei es durch eine Ersetzung des Ausgeschiedenen, sei es durch eine Fortsetzung des Personenverbands mit entsprechend verkleinertem Gesellschafter-kreis. Besonderheiten gelten jedoch, wenn es sich beim Ausgeschiedenen um den einzigen Komplementär einer Kommanditgesellschaft handelt. Denn das besondere Kennzeichen einer jeden KG ist die Mitgliedschaft von zwei Gesellschafterarten. So muss nach § 161 Abs. 1 HGB mindestens ein nach §§ 128, 161 Abs. 2 HGB persönlich unbeschränkt haftender Komplementär und wenigstens ein gemäß den §§ 171 ff. HGB summenmäßig beschränkt haftender Kommanditist an ihr beteiligt sein. Fällt daher der einzige1Komplementär weg oder ist kein Kommanditist mehr beteiligt, so büßt die Kommanditgesellschaft zugleich auch ein konstitutives Strukturmerkmal ein. Da die Kommanditgesellschaft somit - anders als im »Normalfall« des Gesellschafterausscheidens - in ihren Grundfesten berührt wird, ist es offenkundig, dass der Wegfall des einzigen Komplementärs oder aller Kommanditisten nicht ohne rechtliche Folge für die Personenvereinigung bleiben kann. Denn sind die in § 161 Abs. 1 HGB normierten Merkmale nicht mehr gegeben, steht auch die Rechtsform der Kommanditgesellschaft nicht mehr zur Verfügung. Es käme daher allenfalls ein Fortbestand der »komplementärlosen KG« in einer der Grundformen des Personengesellschaftsrechts (GbR oder OHG) in Betracht.Bei Wegfall aller Kommanditisten geht man denn auch einhellig von dieser Rechtsfolge aus, was deshalb ohne Bedenken bleibt, weil dies keine Haftungsverschlechterung für die übrigen Gesellschafter bedeutet, die als Komplementäre schon zuvor der unbegrenzten Haftung für die Gesellschaftsschulden ausgesetzt waren. Verliert die Kommanditgesellschaft jedoch ihren alleinigen Komplementär, würde der Wechsel in eine andere Rechtsform des Personengesellschaftsrechts bedeuten, dass den bisher als Kommanditisten beteiligten Gesellschaftern auch die (summenmäßige) Haftungsbeschränkung des § 171 Abs. 1, 2. Hs. HGB genommen würde, da diese Haftungsform das Bestehen einer Kommanditgesellschaft voraussetzt. Die zuvor nur beschränkt haftenden Mitgesellschafter des Komplementärs wären folglich unvermittelt mit dessen Wegfall der unbeschränkten Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgesetzt. Diese »Haftungsfalle « ist es, die es für Rechtsprechung und Literatur seit jeher unausweichlich macht, bei Fortfall des einzigen Komplementärs zum rechtlichen Schicksal sowohl der KG als auch der verbleibenden »Kommanditisten« Stellung zu beziehen. Die danach bestehende Notwendigkeit, sich mit dem ersatzlosen Komplementärfortfall auseinanderzusetzen, hat sich - vorbehaltlich einer darauf reagierenden Kautelarpraxis - durch das Handelsrechtsreformgesetz (HRefG) von 1998 noch verstärkt. Denn während die gesetzliche Regelfolge unter Geltung von § 131 HGB a.F. in der Auflösung der Gesellschaft bestand, ist in § 131 Abs. 3 HGB n.F. nunmehr das Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters und damit auch die Fortsetzung der Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern angeordnet. Da sich an der unmodifizierten Verweisung des § 161 Abs. 2 HGB auf das Recht der OHG aber nichts geändert hat, beansprucht diese Ausscheidensfolge auch für den einzigen Komplementär einer Kommanditgesellschaft Geltung, ohne dabei erkennen zu lassen, was dies für die dann allein verbleibenden »Kommanditisten« bedeuten soll. Aber nicht nur die neue Rechtslage lässt den Wegfall des einzigen Komplementärs in den Fokus einer rechtlichen Beurteilung rücken. Auch die