Die Musikauffassung Des 'Speculum Musicae' VOR Dem Hintergrund Der Forschungsgeschichte

Bok av Joana Dorfler
Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Musikwissenschaft, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Musikwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Das 'Speculum Musicae' ist ein "siebenbändige[s] auf theoretisch höchstem Niveau argumentierende[s]" (Hentschel 2000: 36) Traktat aus der Feder Jacobus' von Lüttich und kann als "die ausführlichste Konsonanztheorie dieser Zeit" (ebd.: 214) bezeichnet werden.Aufgrund eines Irrtums wurde das vermutlich zwischen 1321 und 1325 entstandene (vgl. Sachs 1998: 274) Werk lange Zeit Johannes de Muris zugeschrieben (vgl. Hentschel 2003: 823). Walter Grossmann (1924) legte gar eine Dissertation über das Thema "Die einleitenden Kapitel des Speculum Musicae von Johannes de Muris" vor. Auch die Anthologie von Coussemaker ordnet das Werk noch Johannes de Muris zu (vgl. Fubini 2008: 77).Die Annahme, dass Letzterer der Verfasser des Speculum musicae sei, erklärt sich daraus, dass in der Handschrift Paris BN lat. 7207 das Explicit des 'Speculum Musicae' fehlt. Da in dieser Handschrift nach dem 'Speculum Musicae' die 'Musica speculativa' des Johannes de Muris folgt, wurde deren Explicit für die gesamte Handschrift übernommen (vgl. Hüschen 1989: 1627 f.).Erst Gurlitt (1958) fiel das Akrostichon auf, auf das der Verfasser des 'Speculum Musicae' in Buch I (Kapitel I, Abschnitt 47, S. 13) selbst hinweist (vgl. Hüschen 1989: 1628): "Si cui autem huius operis compilatoris nomen scire placet, librorum septem partialium litteras simul jungat capitales."Besseler machte als erster auf Jacobus von Lüttich als Autor des 'Speculum musicae' aufmerksam (vgl. Hüschen 1989: 1628).Enrico Fubini (2008: 77) erscheint diese irrtümliche Zuordnung unbegreiflich, da das 'Speculum musicae' in Wahrheit eine heftige Attacke auf Johannes de Muris und alle Vertreter der Ars Nova darstelle.Wie konnte es aber dann dazu kommen, dass das Werk jahrhundertelang dem "Erzfeind" seines Verfassers zugeschrieben wurde? In dieser Hauptseminararbeit soll zuerst ein Überblick über Jacobus von Lüttich und sein Werk sowie dessen Überlieferung gegeben werden. Daraufhin werden auf Basis der Forschungsliteratur wichtige grundlegende Begriffe des 'Speculum Musicae', und zwar die eng miteinander verknüpften Begriffe 'musica', 'consonantia' und 'proportio' betrachtet. Das Ziel dieser Hauptseminararbeit ist die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die jahrhundertelange falsche Zuordnung des 'Speculum Musicae' nachvollziehbar ist.