Die Gew hnung an Nichtantigene Gifte

Bok av Karl Bucher
Was der Biologe und der Arzt unter der Bezeichnung "Immunitat" zusammenfasst, ist keineswegs ein scharf umschriebener Begriff . . Der englische Mathematiker WHITEHEAD hat sich in einer Vorrede zu einer von ihm verfassten Einfuhrung in diese exakteste aller Wissenschaften 1 geaussert, der Mann der Wissenschaft teile mit Humpty-Dumpty das Privileg, Namen besonders zu schatzen, denen er nach Belieben die verschiedensten Bedeutungen beilegen kann. Auf die in unserer Zeit ubliche Anwendung des Ausdruckes "Immunitat" passt die scharfe Kritik durchaus. Indes lassen sich die Immunitatsphanomene, wenn man umfassendere Gesichtspunkte gelten lasst, doch in zwei Gruppen einordnen. Den Mittelpunkt der ersten Gruppe bildet die viele Jahr- hunderte alte Erkenntnis, dass das UEberstehen einer Infektionskrankheit einen soliden und dauernden Schutz gegen eine nochmalige Infektion derselben Art hinterlasst. Die zweite Gruppe wird durch Ergebnisse der neuzeitlichen Experimentalforschung beherrscht, welche in den Satz zusammengefasst werden koennen, dass die parenterale Zufuhr von gewissen geformten oderungeformten Substanzen (Antigenen) das Erscheinen von Antikoerpern in der Blutbahn zur Folge hat, welche mit den Antigenen, denen sie ihre Entstehung verdanken, spezifisch und im Sinne einer gegenseitigen Neutralisierung reagieren. In der jetzt ublichen Termino- logie ka. nn also "Immunisieren" auch bedeuten, dass man durch Behand- lung mit Antigenen ein antikoerperhaltiges Serum zu gewinnen trachtet, wobei es gleichgultig bleibt, ob der Antikoerpergehalt des Blutserums fur den Organismus einen Vorteil oder eine Gefahr bedeutet.