Sexualitat und Partnerschaft in den Lagern des Gulag

Bok av Sebastian Flock
Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Geschichte - Sonstiges, Note: 1,3, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Historisches Institut), Veranstaltung: Fortschritt durch Gewalt? Probleme der Stalinismusforschung, Sprache: Deutsch, Abstract: Einen bisher nur wenig erforschten Bereich der Geschichte des Gulag-Systems stellen die Themen Sexualität und Partnerschaft dar. Verwertbare Informationen dazu lassen sich nur unzureichend in den russischen Archiven finden. Sie müssen vor allem den Memoiren und literarischen Werken der Überlebenden entnommen werden. Geschlechtliche Kontakte zwischen den Gefangenen waren in den Lagern streng verboten. Einzelne Berichte ehemaliger Lagerhäftlinge beweisen jedoch, dass sich über dieses Verbot hinweggesetzt wurde. Das Problem bei dieser Thematik ist allerdings, dass Erinnerungen diesbezüglich aufgrund gesellschaftlicher Tabuisierung oft von Schamgefühlen überlagert sind. Dies führt dazu, dass Aspekte aus den Bereichen Sexualität, Prostitution und Vergewaltigungen entweder nicht erinnerbar sind oder ausgelassen werden. Dies scheint insbesondere für Berichte über gleichgeschlechtliche Kontakte und sexuelle Gewalt gegen Männer zu gelten. Weiterhin muss bedacht werden, dass Berichte über sexuelle Gewalt auch traumatisierende Erlebnisse beinhalten, welche die Erinnerung des Autors oder der Autorin beeinflussen können. Es ist deshalb davon auszugehen, dass viele ehemalige Häftlinge den Bereich der Sexualität aus ihren Memoiren ausklammern. Dies wiederum erschwert die Suche nach verwertbarem Material und ist ein Grund dafür, dass dieser Aspekt der russischen Geschichte bisher nur wenig erforscht ist.Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich daher einen Beitrag zur Erforschung dieses Themas leisten. Dabei soll geklärt werden, welchen Stellenwert Sexualität und Partnerschaft im Alltag der Häftlinge einnahmen, wer damit in Kontakt kam, davon profitierte, darunter litt und welche Folgen daraus resultierten. Außerdem soll untersucht werden, welche Funktionen der Sexualität in ihren Ausformungen zugeschrieben wurden und wie das Wachpersonal sowie die Lageradministration mit dem sexuellen Verlangen der Häftlinge sowie deren Verlangen nach einer Partnerschaft umgingen. Da, wie bereits erwähnt, offizielle Dokumente nur wenig Auskunft über diesen Aspekt des Lageralltages geben können, basiert diese Arbeit zu einem großen Teil auf den Erinnerungen und Aussagen ehemaliger Häftlinge. Deren literarische Werke und die von verschiedenen Historikern mit ihnen geführten Interviews bieten eine gute Grundlage zur Erforschung dieser Thematik.