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Was einmal war : Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens
Bok av Sophie Lillie
Zu den QuellenDie mit der Vernichtung einhergehende NS-Enteignungsmaschinerie basierte auf einer stets mehrere Instanzen durchlaufenden Systematik, die weder eine geradlinige Spur noch einen geschlossenen Aktenbestand hinterlassen hat. Vielmehr wurde die Enteignung im Spannungsfeld mehrerer Machtzentren vollzogen und verschiedene, anfänglich stark miteinander konkurrenzierende Institutionen mit der infolge bewusst gesetzter Regulierungsmaßnahmen zunehmend bürokratischen scheinlegalen Abwicklung betraut. "Pfändung", "Sicherstellung" und "Beschlagnahme" waren die operativen, sich wechselseitig ablösenden und ergänzenden Rechtstitel, unter denen die Enteignung stattfand; die jeweils zuständigen Behörden waren das Finanzamt, die Zentralstelle für Denkmalschutz bzw. der Wiener Magistrat und die Finanzlandesdirektion. Von einer Vollständigkeit der Quellen kann aufgrund dieser Wechselwirkungen und Verflechtungen nicht ausgegangen werden: Nur selten findet sich ein vollständiges Sammlungsinventar, zumeist sind es mehrere Inventare zu Teilbeständen, die verschiedene Etappen der Enteignung festhalten. Die für dieses Buch ausgewählten Inventare stammen aus einer möglichst breiten Palette unterschiedlicher Quellen, die die Instanzen des Raubes markieren und deren Systematik durchleuchten. Das Gros der Dokumente stellen die in den Vermögensanmeldungen enthaltenen Sammlungsinventare (zumeist aus dem Juni und Juli 1938), die Ausfuhranmeldungen aus den Jahren 1938 und 1939 bzw. die in Folge von Ausfuhrsperren ergangenen "Sicherstellungs"-Bescheide des Wiener Magistrats. Herangezogen wurden auch Wohnungsbeschauprotokolle und Dorotheumskataloge zu den Versteigerungen von vollständigen Wohnungseinrichtungen, die in schonungslosen Protokollen Kunst- und Gebrauchsgegenstände einander gleichsetzen und jeglichen Affektionswert einer Sammlung negieren. Einzelne Ergänzungen dieser Inventare ermöglichten die Fotokartei der ehemaligen Zentralstelle für Denkmalschutz sowie die abschriftlich erhalten gebliebenen Journalbücher der VUGESTA. In nur wenigen Fällen konnte auf Kataloge und Schätzgutachten zurückgegriffen werden, die vor 1938 erstellt wurden und daher einen verlässlichen Einblick in eine Sammlung geben. Einen generellen Eindruck, wenn auch selten detaillierte Angaben vermögen jene in den frühen zwanziger Jahren gegenüber dem Staatsdenkmalamt abgegebenen Notariatsakten über die Widmung von Privatsammlungen für die öffentliche Besichtigung zu vermitteln. In mehreren Fällen konnten ausschließlich Aufzeichnungen zu Rückstellungsbemühungen aus den späten vierziger Jahren bzw. so genannte "Suchlisten" von entzogenen Kunstgegenständen gefunden werden. In allen Fällen sind Orthographie, Syntax und Interpunktion der Originaldokumente beibehalten worden.Anhand dieser sehr unterschiedlichen Unterlagen soll eine möglichst breite Palette von Sammlungen rekonstruiert werden, wobei der Schwerpunkt auf Gemäldesammlungen gelegt wurde. Einerseits erfreute sich das Sammeln von Bildern besonderer Beliebtheit, andererseits bürgt deren Wert als Unikate meist für penible Aufzeichnungen. Der Vollständigkeit halber wurden auch einige wichtige Glas- und Porzellansammlungen, zwei Silbersammlungen, eine Antikensammlung sowie eine ethnographische Sammlung dokumentiert. Schmuck, Waffen und Bibliotheken konnten in den gegebenen Fällen aus Platzgründen nur am Rande behandelt werden. Auch wurde darauf geachtet, ein Gleichgewicht zwischen Sammlungen Alter Meister, Sammlungen des 19. Jahrhunderts und Sammlungen zeitgenössischer Kunst zu halten. Neben den drei bekanntesten und wohl wichtigsten enteigneten Wiener Sammlungen Rothschild, Bondy und Gutmann und einer größeren Anzahl ebenfalls sehr guter und bedeutender Sammlungen werden auch einige kleine, sehr persönliche und weitgehend unbekannte Sammlungen erstmals porträtiert. Es ist dies der Versuch, den sehr unterschiedlichen Sammlungsschwerpunkten und -möglichkeiten einzelner