Der biozönologisch-soziologische Klassifikationsansatz und dessen Anwendung in der Naturschutzpraxis : Dargestellt am Beispiel der Borstgrasrasen (Violion) der Eifel unter Berücksichtigung der Laufkäf

Bok av Gottfried Lennartz
In den verschiedenen Bereichen des praktischen Naturschutzes gewinnt die Forderung, Wirkungen auf die Natur festzustellen und auf deren Umweltverträglichkeit hin zu prüfen, zunehmend an Bedeutung. Nach §2 Abs. 1 des Umweltverträglichkeitsgesetzes (uvpG 1990) sind hierbei Auswirkungen eines Vorhabens auf u. a. Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft und deren jeweilige Wechselwirkungen zu ermitteln. Auch bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sind Gefahren abzuwenden, die durch deren Anwendung fur den Naturhaushalt entstehen können (vgl. Pflanzenschutzgesetz, §1 AbsA PflSchG 1998). Im Sinne dieses Gesetzes wird der Naturhaushalt durch seine Bestandteile und das Wirkgefuge zwischen den Bestandteilen definiert (§3 Abs.6 PflSchG 1998). Hieraus ergibt sich eindeutig die gesetzliche Notwendigkeit einer ökosystemaren Beurteilung von Umweltbe1astungen, d.h. die Bewertungsansätze im Sinne des Gesetzgebers müssen synökologischen Charakter haben, da autökologische Betrachtungen nicht oder nur beschränkt Aussagen über Veränderungen von Ökosystemen machen können (MEISEL 1986, FORMIN & ARNDT 1996).Die Fragen der Praxis sind konkret und ganzheitlich zu beantworten. Dies macht von wissenschaftlicher Seite her ein induktives, ganzheitliches Vorgehen zwingend erforderlich. In der wissenschaftlichen Ökologie findet sich - vor allem international - eine Vielzahl an theoretischen sowie praktischen Ansätzen (vgl. WHITTAKER 1973, KRATOCHWIL 1987, 1991, BRECKLING et al. 1992, LENNARTZ & ROß-NICKOLL 1999, KRATOCHWIL & SCHWABE 2001). Neben den methodischen Ansätzen der "botanischen Schulen" (vgl. DIERSCHKE 1994) werden z.B. Klassifikationen nach rein standortökologischen Kriterien präferiert (vgl. STRENZKE 1952, SINNIGE et al. 1992) oder auf der Ebene einzelner Tiergruppen versucht (HEALY 1980, STANDEN 1980, TURIN et al. 1991, HÄNGGI et al. 1995). In der theoretischen Ökologie wird die Pluralität der Ansätze oftmals positiv bewertet (u.a. WEINER 1995), dagegen schreibt KRATOCHWIL (1991): "Eine Synthese phyto- und zoozönologischer Forschungsergebnisse ist innerhalb der Biozönologie nur möglich, wenn beiden Disziplinen eine gleiche methodische Vorgehensweise zugrunde liegt"."Bis heute ist eine systematisch angelegte Biozönologie, wenn überhaupt, nur in Ansätzen erkennbar. Es gibt zwar eine biologische Ökosystemjorschung; diese ist jedoch stark deduktiv ausgerichtet und widmet sich eher Modellen und Reflexionen als der Vielzahl konkreter Einzelfälle, die bei einer systematischen Herangehensweise als Induktionsbasis am Anjang stehen sollte" (WILMANNS 1987). Für die Praxis bedeutet dies, dass der formulierte Bewertungsanspruch des Gesetzgebers weder wissenschaftlich und demzufolge auch nicht von der Praxis erfullt werden kann. Hieraus ergibt sich eine Diskrepanz zwischen den legislativ-administrativ angelegten Bewertungsverfahren und den gesetzlichen sowie wissenschaftlichen Ansprüchen zum Schutz der Ökosysteme. Von einigen Autoren wird diese Diskrepanz als "ökologisches Dilemma" bezeichnet (SCHÄFERS & KLEIN 1999, FRÄNZLE 1999).Nicht nur aus theoretischer sondern vielmehr aus praktischer Sicht ergibt sich die zwingende Notwendigkeit einer anwendungsorientierten Ökosystemforschung bzw. Biozönologie. "Das Ökosystem beschreibt die biologische Lebensgemeinschaft zusammen mit ihrer physikalischen Umwelt. Doch während die Unterscheidung zwischen Lebensgemeinschaft und Ökosystem manchmal hilfreich sein kann, so ist doch die Forderung falsch, dass Lebensgemeinschaften und Ökosysteme als getrennte Einheiten untersucht werden können" (BEGON, HARPER & TOWNSEND 1991). Die Biozönologie bildet die Basis der Öko systemforschung, wobei im Rahmen der