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Richterliche Prozessleitung - Die prozessleitenden Anordnungen gemäss §§ 141-144 ZPO nach dem Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes vom 27.7.2001
Bok av Fabian Stein
Die Zivilprozessordnung verlangt sowohl von den Parteien als auch von den Gerichten eine zügige und umfassende Erledigung des anhängigen Rechtsstreits. Sie sollen gleichermaßen zur Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens beitragen. Die Parteien trifft eine allgemeine Prozessförderungspflicht. Diese Verpflichtung kommt u. a. in den Vorschriften der §§ 275-277, 282, 340 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck. Die Parteien haben insbesondere die Angriffs- und Verteidigungsmittel rechtzeitig und umfassend vorzubringen, also jeglichen Vortrag zur Begründung eines Sachantrags oder zur Verteidigung gegen ihn. Wird dies schuldhaft versäumt, so können sich hieran Rechtsnachteile für sie knüpfen, § 296 ZPO. Der Prozessförderungspflicht der Parteien steht eine eigenständige Prozessförderungspflicht der Gerichte, eine Vorbereitungspflicht, gegenüber. Um das Verfahren möglichst zügig einem gütlichen oder streitigen Ende zuzuführen, bestimmt § 272 Abs. 1 ZPO, dass der Rechtsstreit in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung, dem Haupttermin, zu erledigen sei. Um dieses Ziel verwirklichen zu können, gibt § 273 ZPO dem Richter ein Instrument zur frühzeitigen Beschaffung des entscheidungserheblichen Tatsachenstoffes in die Hand. Die einzelnen hierzu erforderlichen Befugnisse hat der Gesetzgeber in dem Katalog des § 273 Abs. 2 ZPO konkretisiert. Danach kann das Gericht den Parteien u. a. aufgeben, dass sie ihren Sachvortrag ergänzen oder erläutern. Es kann ferner Behörden um Auskunft ersuchen oder Zeugen und Sachverständige zum Termin laden. Darüber hinaus treffen das Gericht die weitreichenden Hinweispflichten des § 139 ZPO, deren Erfüllung ebenso zur Förderung des Verfahrens beiträgt. Daraus wird deutlich, dass dem Gericht eine starke Mitverantwortung obliegt, um das gesetzgeberische Ziel einer Verfahrenskonzentration zu verwirklichen. Diese Verantwortung darf jedoch nicht missverstanden werden. Sie reicht nicht so weit, dass es einem Richter erlaubt wäre, Ermittlungen "auf eigene Faust" anzustellen. In einem von der Verhandlungsmaxime dominierten Verfahren ist es in erster Linie Aufgabe der Parteien, den Tatsachenstoff in den Rechtsstreit einzuführen. Vorbereitung des Termins im Sinne von § 273 ZPO bedeutet keine Amtsermittlung. Sie setzt die Verhandlungsmaxime nicht außer Kraft.Im Zusammenhang mit § 273 ZPO, also unter dem Blickwinkel der Verfahrenskonzentration und Verfahrensbeschleunigung, sind auch die nachstehend erörterten Vorschriften der §§ 141-144 ZPO zu sehen. Dies folgt schon allein daraus, dass - abgesehen vom Tatbestand des § 143 ZPO - sämtliche Befugnisse der §§ 141-144 ZPO im Katalog des § 273 Abs. 2 ZPO enthalten sind. Daher sind auch die Vorschriften der §§ 141-144 ZPO Ausdruck der allgemeinen Prozessförderungspflicht des Gerichts, wobei § 141 ZPO in erster Linie der Darlegungskontrolle sowie Darlegungskomplettierung dient, während die §§ 142-144 ZPO vor allem den richterlichen Beweisinitiativen zuordnen sind. Die §§ 141-144 ZPO stellen daher im richterlichen Alltag wichtige Instrumente der materiellen Prozessleitung dar, damit der Rechtsstreit die notwendigen Strukturen erhält und möglichst rasch zur abschließenden Entscheidung reif ist. Das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 hat dabei die Pflicht zur richterlichen Prozessleitung nachhaltig verstärkt und auch im Anwendungsbereich der §§ 141-144 ZPO zu durchgreifenden Veränderungen geführt, was u. a. Gegenstand der anschließenden Erörterungen ist.