Georgica - Zeitschrift für Kultur, Sprache und Geschichte Georgiens und Kaukasiens : Jahrgang 2008, Heft 31

Bok av Steffi Chotiwari-Jünger
Im umfangreichsten Teil des vorliegenden Hefts, dem sprachwissenschaftlichen Teil, beschäftigt sich Heinz Fähnrich mit dem kartwelischen Präfix *bi-. Die Georgierin Inga Sanikidse gibt eine Funktionsanalyse der wichtigen und immer wieder umstrittenen georgischen morphologischen Kategorien "Aspekt und Tempus" und schlussfolgert, dass im Verb der zwei unterschiedlichen Sprachfamilien - Sprachen mit indoeuropäischer und kartwelischer Wurzel - eine ähnliche binäre Opposition von Aspekt und Tempus zu existieren scheint. Thomas Häusermann erinnert an den Wissenschaftler Kita Tschenkéli (1895-1962), einen wichtigen Pionier georgisch-deutscher Sprach- und Kulturvermittlung, und spricht von einer unwürdigen Rückkehr von Tschenkélis Büchern in die Heimat. Winfried Boeder analysiert swanische Trinksprüche, die im Unterschied zum städtischen Festmahl andere Formen besitzen. Bei der Besprechung ihrer kulturellen und religiösen Züge zeigt sich, dass vier Trinksprüche einen wohl alten und in Form und Reihenfolge festen Rahmen bilden, der sich auch in anderen Gebetsritualen findet, und dass darin nach Maßgabe eines (in Swanetien ursprünglich unbekannten) Tamada relativ frei die "im Tal" üblichen Trinksprüche eingebettet sind. Aus Ihrer Diplomarbeit stellt Stefanie Schaarschmidt den Teil "Die aktuelle Sprachensituation in Georgien unter besonderer Berücksichtigung des Russischen" vor.Im geschichtswissenschaftlichen Teil des Heftes berichtet Nugzar Ter-Oganov von zwei iranischen Autoren, Majd os Saltaneh und Yahya Dowlatabadi, und ihren interessanten Erzählungen über Tbilisi vom letzten Viertel des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Eckehard Hübner trägt Wissenswertes über Ober-Atschara in der Zeit der Chimschiaschwilis (1829- 1878) zusammen. Zur Frage der nationalstaatlichen Mentalität des Herrscherhauses Scharwaschidse schreibt der georgische Autor Surab Papaskiri und leistet damit einen aktuellen Beitrag zur Diskussion um die Geschichte Abchasiens.Im literaturwissenschaftlichen Beitrag von Steffi Chotiwari-Jünger werden zwei literarische Werke georgischer Schriftsteller vorgestellt, die an deutschen Schulen behandelt wurden/werden (einerseits zeitlich befristet in der DDR, andererseits in einem aktuellen Lesebuch eines, wenn auch großen deutschen Schulbuch-Verlages), was von der Wissenschaft bisher unbeachtet blieb. Die georgische Autorin Mariam Miresaschwili untersucht die Besonderheiten des georgischen Postmodernismus an und findet folgende drei Intertextualitätstypen: Intertextualität mit Beschränkung auf den literarischen Bereich, Vermischung von verschiedenen Mustern bei der synthetischen Intertextualität und die assoziative Intertextualität. Aus der Geschichte der Übersetzung der Tetraevangelien ins Georgische berichtet Daredshan Twaltwadse und resumiert, dass die Manuskripte des Evangeliums, die in den Skriptorien der Klöster auf dem Schwarzen Berg abgeschrieben wurden (die Tetraevangelien von Alaverdi, von Ruisi, von Kalipos und die des Vatikans), eine besonderen Platz in der georgischen Übersetzungsgeschichte einnehmen.Jeweils ein Beitrag ist den Wissenschaftsgebieten Philosophie, Ethnographie, Kunst und Archäologie gewidmet: Sasa Chintibidses Artikel über Aristoteles' "Homerische Einheit" und die Einheit von Rustavelis "Der Recke im Tigerfell" zeigt die damals vorhandenen Traditionen und vor allem die Innovation Rustavelis in dramatisch-struktureller Hinsicht auf.Elene Gogiaschwili betrachtet die Reiseliteratur als Medium zwischen Europa und Georgien im 18. und 19. Jahrhundert. Sasa S'chirtladse analysiert einige Aspekte der georgischen Wandmalerei des 8. und 9. Jahrhunderts und beschreibt sie als eine voller neuer Schaffensfreude beladene, unaufhaltsam strebende Kunst, die untrennbarer