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Experimentelle und rechnerische Untersuchungen zur Lebensdauerbewertung thermomechanisch hoch beanspruchter Gussbauteile im Abgassystem von Nutzfahrzeugmotoren
Bok av Tobias Mayr
Hochtemperaturbauteile in Verbrennungsmotoren und Abgassystemen unterliegen im Fahrbetrieb einer zyklischen, niederfrequenten Heiß-Kalt-Wechselbeanspruchung durch alternierende Lastzustände wie Volllast- oder Schubbetrieb. In der Folge entstehen Risse durch thermomechanische Ermüdung (TMF). Bei der Entwicklung solcher Bauteile wird eine Simulationsmethodik benötigt, mit der sich diese Schädigung bewerten lässt. In der vorliegenden Arbeit wird eine solche Bewertungsmethodik für Gussbauteile aus dem Werkstoff GJS-SiMo-5-1 vorgestellt. Die Methodik umfasst sowohl die Vorhersage der Anrisslebensdauer als auch die Bewertung bereits bestehender Risse.Für Modellerstellung und -verifikation werden verschiedene experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Das Verformungs- und Lebensdauerverhalten wird im Rahmen einer Werkstoffcharakterisierung bestimmt. Für die Analyse des Rissfortschrittsverhaltens unter TMF-Bedingungen wird eine neuartige Probengeometrie "Zungenprobe" entwickelt, die auf einem speziellen Thermoschockprüfstand geprüft wird. Dabei werden Anrisslebensdauern und Risslängen in Abhängigkeit von der Zyklenzahl ermittelt. Zur Validierung der Modelle werden Heißgasprüfungen mit Komponenten aus Nutzfahrzeugmotoren durchgeführt.Das Konzept zur Vorhersage der Anrisslebensdauer basiert auf einer sequentiellen thermomechanischen Simulation der Beanspruchung. Zur Modellierung des Verformungsverhaltens werden zwei viskoplastische Materialmodelle untersucht. Neben dem bekannten Chaboche- Modell wird ein im Finite-Elemente-Programm ABAQUS verfügbarer Ansatz verfolgt, der ein zeitunabhängiges Plastizitätsmodell mit einem Norton-Kriechmodell kombiniert. Aus der simulierten Beanspruchung wird die Schädigung in Form eines Schädigungsparameters berechnet. Neben dem bekannten Parameter D TMF wird ein energiebasierter Schädigungsparameter D W vorgeschlagen, der inkrementell ausgewertet wird, und sowohl Temperatur- als auch Mittelspannungseinflüsse berücksichtigt. Die Modelle werden anhand der Simulation der Ermüdungsversuche an Zungenprobe und Motorkomponenten validiert.Für Fälle, in denen sich Anrisse nicht vermeiden lassen, wird eine Methodik zur Bewertung von bestehenden Rissen vorgestellt. Sie beruht auf der manuellen Einbringung eines Risses in das Simulationsmodell. Unter Verwendung eines speziellen Netzes um die Rissspitze wird die Rissspitzenbeanspruchung berechnet und mit einem Grenzwert verglichen, der mit Hilfe der TMF-Versuche an der Zungenprobe ermittelt wird. Unterschreitet die Beanspruchung den Grenzwert, findet kein weiteres Risswachstum statt. Die Anwendung auf Risse in den getesteten Motorkomponenten zeigt eine gute Übereinstimmung mit der Realität.Durch die Kombination der vorgestellten Methoden zur Anrisslebensdauervorhersage und Rissbewertung lassen sich Bauteile unter TMF-Beanspruchung in der Simulation bewerten. Durch den frühen Einsatz der Simulation im Entwicklungsprozess kann die Anzahl an kosten- und zeitintensiven Motorprüfläufen reduziert, und eine gezielte Bauteilentwicklung im Sinne des Leichtbaus realisiert werden.