Automatisierte protektive Beatmung durch Bestimmung von Ventilation und Perfusion der Lunge mittels Elektrischer Impedanztomographie

Bok av Henning Lüpschen
Bei Patienten mit akutem Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS) ist der Paradigmenwechsel zu lungenprotektiveren Beatmungsformen in der letzten Dekade zunehmend fortgeschritten. Durch Reduktion der Überdehnung des Lungengewebes und des tidalen Wechsels zwischen Rekrutierung und Derekrutierung konnte nachweislich eine verringerte Letalität erreicht werden, doch bleibt diese weiterhin erschreckend hoch. Der Einsatz geringerer Tidalvolumina von höchstens 6-8 ml pro kg Körpergewicht ist mittlerweile intensivmedizinischer Standard, die Höhe des einzustellenden positiv end-exspiratorischen Drucks (PEEP) sowie der Nutzen von Rekrutierungsmanövern wird hingegen weiterhin kontrovers diskutiert.Komplexe, da individuell anzupassende Beatmungsmethoden wie beispielsweise das Open-Lung-Konzept , welches die Hysterese in der Druck-Volumen-Beziehung der Lunge ausnutzt, um die Lunge vollständig zu öffnen und offen zu halten, konnten sich klinisch bisher nicht durchsetzen. Gründe hierfür sind sicherlich der erhöhte Zeitaufwand bei der Anwendung, das aufgrund der Komplexität notwendige Expertenwissen, die Unsicherheit bezüglich der hämodynamischen Auswirkungen sowie die mangelnde Sensorik in Bezug auf die dynamischen und zeitvarianten Vorgänge im Inneren der Lunge. Aus diesem Grund ist es Ziel dieser Arbeit, die medizinisch-technischen Voraussetzungen zu schaffen, um mittels einer automatisierten Anwendung medizinischen Expertenwissens, eine individuell angepasste, die Lunge optimal schonende Beatmung bei hinreichendem Gasaustausch zu gewährleisten. Dies geschieht auf Basis eines neu entwickelten Beatmungssystems namens VentiLab, welches in bisher nicht vorhandener Art und Weise ein Beatmungsgerät als Aktor mit dem bildgebenden Verfahren der Elektrischen Impedanztomographie (EIT) und einer Vielzahl wichtiger intensivmedizinischer Monitoring-Systeme als Sensoren in einem physiologischen Ersatzregelkreis verbindet, in dem der Patient als Regelstrecke Teil des Regelkreises wird.EIT-Geräte sind in der Lage, in Echtzeit Bilder der Leitfähigkeitsänderungen in einem von Elektroden aufgespannten Körperquerschnitt zu erzeugen. Die Leitfähigkeitsverteilung im Thorax wird durch Ventilation und Perfusion der Lunge beeinflusst und kann demzufolge genutzt werden, den Gasaustausch zu charakterisieren. Neben der Nutzung zweier für Forschungszwecke erhältlicher EIT-Geräte wird eine neu entwickelte eigene EIT-Hardware vorgestellt, die zukünftig eine vollständige Integration in das Gesamtkonzept ermöglicht. Mittels Verfahren aus der digitalen Signalverarbeitung werden Parameter aus den EIT-Bilddaten gewonnen, welche die Ventilationsverteilung, die Lungenöffnungshomogenität und den Lungenkollaps quantifizieren. In Kombination mit den synchron aufgezeichneten physiologischen Messgrößen werden auf der Grundidee des Open-Lung-Konzepts basierende Mamdani-Fuzzy-Regelkreise entworfen, deren Fokus auf der hämodynamischen Verträglichkeit, der Nicht-Invasivität und der Robustheit und damit Patientensicherheit liegt. Um gegebenenfalls eine Unabhängigkeit von der EIT zu gewährleisten, wird ebenfalls eine prädiktive Festwertregelung zur Regelung der Sauerstoffkonzentration im Blut eingeführt.Zur EIT-gestützten, bettseitig verfügbaren Bestimmung der regionalen Perfusionsverteilung in der Lunge kommt ein neuartiges, an Thermodilutionsmessungen angelehntes Verfahren mit entsprechender Modellbildung zur Anwendung. Auf diese Weise können weltweit erstmalig regionale Ventilations-Perfusions-Verteilungen in der Lunge auf Basis der EIT-Messungen erzeugt werden. Des Weiteren gelingt durch einen musterfunktionsbasierten Modellansatz die Echtzeit-Trennung von Ventilations- und Perfusionsanteilen in der Herzregion, der den Weg für zukünftige