Fälschung und Fake : Zur diskurskritischen Dimension des Täuschens

Bok av Martin Doll
Ob handgeschnitzte >Fossilienechten< Fälschungen erscheinen vor ihrer Aufdeckung nämlich zunächst als wahr, authentisch, original oder autorisiert und erst später, nach ihrer Entlarvung, als Falsifikat - eine Dynamik, die bei Fakes, bei denen die Offenlegung von vornherein mitentworfen ist, eine besondere Sprengkraft entfaltet. Als Untersuchungsgegenstände können Fälschungen und Fakes daher zum einen Auskunft darüber geben, welche Kriterien in einem bestimmten geschichtlichen Zeitraum maßgeblich für die Akzeptanz von wissenschaftlichen Gegenständen, authentischen oder autorisierten Texten etc. sind. Zum anderen können sie als Diskursereignisse begriffen werden, weil sie zwar zunächst auf einem Sockel regelmäßiger Praktiken ruhen, bei ihrer Offenlegung aber dafür sorgen, dass die in einem Diskurs gültigen Aussagen, Regeln und Praktiken einer Prüfung unterzogen werden, wenn nicht sogar eine grundlegende Transformation durchlaufen. Die untersuchten Fälle verteilen sich auf knapp vier Jahrhunderte. Analysiert werden u.a. die sogenannten >Würzburger Lügensteine< (1726), der Piltdown Man (1912-1953), James Macphersons Ossianische Gesänge (1760), die Interviewfälschungen von Tom Kummer (1996-2000), die gefälschten Magazinbeiträge für >stern TV< von Michael Born (1990-1996) und die interventionistischen Praktiken der US-amerikanischen Künstlergruppe >The Yes Men< (1999-heute).