Stadion. Olympism and International Sport relations : Edited by Daphné Bolz and Florence Carpentier

Bok av Florence Carpentier
Die Olympischen Winterspiele in Sotschi haben wieder einmal bestätigt, wie sehr ökonomische, politische und geopolitische Interessen in die Organisation internationaler Wettbewerbe hineinspielen. Mit ihren Kosten von 36 Milliarden Euro waren dies die teuersten Spiele der Geschichte. Sogar die gleichzeitige Heftigkeit der politischen Konflikte in der nur wenige hundert Kilometer von Sotschi entfernten Ukraine schränkte den sportlichen Erfolg und die Popularität der Spiele nicht wirklich ein. Der neue Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, hielt an der Fassade der unpolitischen Spiele fest. Diese Sonderausgabe von Stadion möchte zur Geschichte der Olympischen Spiele und ihrer politischen Streitfragen auf nationaler und internationaler Ebene beitragen. Die meisten der Beiträge wurden für die Tagung 'Hosting, Organising and Celebrating the Olympics' (XIVe Carrefour d'histoire du sport) verfasst, die an der Universität Rouen (Frankreich) stattfand. Die Artikel heben speziell die Bedrohungen der Olympischen Bewegung hervor und die Strategien des IOC, diese zu umgehen. Der keynote speaker Martin Polley präsentierte die Olympischen Spiele von London 1908 im organisatorischen Zusammenhang mit der Französisch-Britischen Expo und unterstrich den geringen Einfluss der kurz zuvor gegründeten Entente Cordiale auf die sportlichen Wettkämpfe selbst. Die Olympische Bewegung wurde immer wieder herausgefordert. Der Erste Weltkrieg beendete die Beziehungen zwischen Schweden und Deutschland, die im Vorfeld der Spiele von 1916, die in Berlin ausgetragen werden sollten, aufgebaut worden waren (A. Molzberger). Die Absage hätte die Kontinuität der Spiele nach dem Krieg gefährden können. Auch war das IOC mit den Sportlerinnen konfrontiert, die mit Unterstützung feministischer Forderungen aus Frankreich ihr Recht einforderten, an den Olympischen Spielen teilzunehmen (J. Williams). Schließlich zeigt diese Sonderausgabe auch, wie regionale Spiele geopolitische Spannungen hervorriefen. Cyril Polycarpe und André Gounot beleuchten zwei Vorgänge. Mit den ersten Zentralamerikanischen Spielen von 1926 versuchte das IOC, sein Sportmodell weiter zu verbreiten, und im Jahre 1966 wurden die 10. Zentralamerikanischen und Karibischen Spiele in einer sensiblen Zone mitten im 'Kalten Krieg' ausgetragen, nur wenige Monate nach der amerikanischen Intervention in der Dominikanischen Republik. Trotz aller Schwierigkeiten schaffte es die Olympische Bewegung, sich durchzusetzen und zu wachsen. Sie tat dies, indem sie sich auf unveränderliche Werte stützte, und auf der Grundlage zahlloser Mythen wie dem der Verbindung zu den Spielen im antiken Griechenland (K. Lennartz) oder dem der angeblichen Freundschaft zwischen dem Afroamerikaner Jesse Owens und dem Deutschen Luz Long nach 1936 (V. Kluge). Der internationale Erfolg der Olympischen Spiele wurde in etlichen Jahrzehnten, trotz aller Brüche seiner Prinzipien hinsichtlich der Unabhängigkeit und Neutralität des IOC, gefestigt. Der Glanz der Spiele ist von großer politischer, nationaler und internationaler Bedeutung für Länder wie die Sowjetunion (E. Mertin), Österreich 1980 (A. Meisinger) und die Schweiz 1964 (M. Aceti et J.-F. Loudcher). Die Modernisierung der Medien, und hier speziell die Verbreitung des Fernsehens, führten zu der ungeheureren Beliebtheit der Wettkämpfe und zur wachsenden Bedeutung ihrer sportlichen, ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen. Dies wird am Beispiel der Organisation der BBC für die Spiele 1960 in Rom (R. Haynes) sowie anhand der Wahrnehmung der Spiele von London 1948 in Deutschland (D. Bolz) dargestellt. Zusammengefasst zeigen die Artikel die flexiblen Antworten der Olympischen Bewegung auf geopolitische Herausforderungen. Genau diese Flexibilität erlaubte es der Olympischen Bewegung, ihre Dominanz im globalen Sport bis heute zu wahren.