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Die Ammarin: Beduinen in Jordanien Zwischen Stamm Und Staat
Bok av Jurgen Baumgarten
Die Ammarin sind als einer der letzten Beduinenstämme im Süden Jordaniens sesshaft gemacht worden. Vordem lebte der Stamm in seinem Territorium zwischen dem Wadi Araba und den Höhen des Sherah-Gebirges von Viehzucht und Regenfeldbau. Die Nachbarschaft ihrer Siedlung zum Weltkulturerbe Petra und die Auswirkungen des Tourismus haben die Ammarin seit den 1990er Jahren unvermittelt in einen schnellen Modernisierungsprozess hineingerissen. Die Beobachtung dieses Prozesses über einen Zeitraum von zwölf Jahren zeigt die von außen eingeleitete Wandlung und Auflösung beduinischer Lebensformen. Ein Blick zurück ins 19. und frühe 20. Jahrhundert lässt das Ausmaß des sozialen und kulturellen Wandels im Vergleich ermessen. Für das beduinische Verständnis von Territorium und "Herrschaft" bedeutet die Integration eines lokal und regional basierten Stammes in die nationale Gesellschaft das Ende der Eigenständigkeit, den Verlust der Kontrolle über das eigene Gebiet und der Selbstregierung durch Stammesrecht.
Das Buch stellt dar, wie die Ausdehnung staatlicher Entwicklungspläne und Administration auf das Stammesgebiet die Einheit und den Zusammenhalt der Ammarin (wie anderer Stämme) gefährdet, und zeichnet nach, wie aus beduinischer Wirtschaftsweise und Lebensform (Nomadismus) ein kultureller Begriff vom Beduinen wird, der in der Gegenwart eine Herkunftsgemeinschaft, ein gemeinsames Erbe und kollektive Erinnerung (Identität) bedeutet. Der Rückgriff auf das Beduine-Sein ist eine Reaktion gegenüber staatlichen Maßnahmen und Institutionen, die alle Sondergruppen in die allgemeine Gesellschaft der Staatsbürger auflösen und eben das untergraben, worin der Nomadismus gründete: eigenes Territorium, Recht, Autonomie. Das behauptete Selbstverständnis als Beduinen hilft den Ammarin, in einer Zeit der Umwertung aller sozialen und kulturellen Werte Sicherheit und Halt zu gewinnen. Die unumgängliche Anpassung an die moderne Gesellschaft führt andererseits dazu, dass die Stammessolidarität geschwächt wird und sich das Handeln der Stammesmitglieder individualisiert.