Zw LF Monate Einer Jugend

Bok av Gerbhard Hofer
Beim vorliegenden Text handelt es sich um eine Reihe von Erlebnisbildern,"Momentaufnahmen" sozusagen, aus meinem Leben gegen Ende des Zweiten Weltkriegesund den Monaten danach, genauer gesagt, vom Dezember 1944 bis November1945. Sie zeigen, vom einleitenden Abschnitt abgesehen,wie es mir als deutschemWehrmachts-angehörigen im westpreußischen Grenzgebiet beim Einbruch derRussen und in der anschließenden Gefangenschaft erging. Ich habe mich bemüht,so genau wie möglich zu schildern, das heißt, ohne zu "glätten" und zu"korrigieren". Solch angestrebte, gewisser-maßen fotografische Exaktheitbedeutet einerseits, dass hier und da auch Banales und Widersprüchlichesauftauchen mag, und zum anderen, dass ich aus dem Blickwinkel und Kenntnishorizonteines Achtzehnjährigen berichte, der noch nicht über die alten Grenzen(1937) des Deutschen Reiches hinausgekommen ist, der immer unter der Dunstglockeder totalitären Herrschaft gelebt hat. Wie es außerhalb Deutschlands aussah,was dort vorging - davon wußte ich nicht viel. Von Verbrechen und planmäßigerMenschen-vernichtung erfuhr man nichts, nicht einmal gerüchteweise (die man gerade wegen ihrer Ungeheuerlichkeit sowieso nicht geglaubt hätte),von der teilweisen Grausamkeit der Kriegführung auf beiden Seiten auchrelativ wenig, wenn man von den Luftangriffen auf die Großstädte einmalabsieht. Ich glaubte daher, dass wir, die Deutschen, uns im Rahmen desinternationalen Kriegsrechtes bewegten. Wenn ich trotzdem so weit wie möglichAbstand vom herrschenden Regime hielt, hatte das andere Gründe. Der Textschildert ein Massenschicksal, wie es damals Millionen erlebten; er beschreibtkeine gewaltigen Schlachten mit riesigem Materialeinsatz, er beschreibtden Weg eines derjenigen, die verhältnismäßig glimpflich davongekommensind, die nur kurze Zeit in Kämpfe verwickelt waren und die relativ frühdie Heimat wiedersahen. - Trotzdem, Krieg bleibt Krieg, lebensbedrohendund lebensvernichtend. Ursprünglich war der Text nur für nächste Angehörigeund Freunde gedacht. Deswegen ist er um dasjenige, was Außenstehende nichtinteressieren mag, gekürzt worden. Ein Wort noch zu seiner Erstellung:Mein Tagebuch, das ich, soweit es die Verhältnisse gestatteten, auch nochin Frontnähe geführt hatte, nahmen mir die Russen ab. Aufzeichnungen währendder Gefangenschaft waren mir nicht möglich. Ich notierte deswegen nachmeiner Rückkehr sofort alles, was mir noch in frischer Erinnerung war,in Kurzform für eine spätere Ausarbeitung. Dies diente dann zur Kontrollenach Niederschrift des Textes. Bis auf ein paar unwesentliche Einzelheitenbrauchte ich nichts zu ändern. Die Datierungen sind bis in die ersten Märztageund in den letzten Novemberwochen ziemlich genau, dazwischen sind sie alsungefähre Zeitangaben zu betrachten. Die Namen der im Text auftauchendenPersonen sind verfremdet bzw. durch andere ersetzt. Der Verfasser