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Der Schauplatz des Anderen : Formen der Gewalt und Grenzen der Zivilität
Bok av Étienne Balibar
Die Reflexion über die "Masse", über Integration und Isolation, Zugehörigkeit und Ausgeschlossensein ist das verbindende Element dieser Sammlung von Aufsätzen des politischen Philosophen Étienne Balibar. In den erstmals 1983 bis 1996 veröffentlichten Texten ergründet der renommierte französische Denker das konfliktträchtige Verhältnis zwischen Massen und Staat. Denn obwohl ohne Masse kein Staat zu machen ist, stellt die Masse unter Umständen die größte Bedrohung für den Staat dar ("gute Bürger sind rar"); und zugleich fühlt sich die Masse mitunter selbst vom Staat bedroht.
Der Frage, wie aus einer rein arithmetischen Ansammlung von Individuen ein politisch bewusstes (Staats-)Volk wird, das als politisches Subjekt agiert, spürt Balibar in der politischen Ideengeschichte nach. Seine Texte präzisieren nicht nur die Grenzen zwischen Masse und Volk, Bürger und Pöbel, sie ermitteln gewissermaßen im Detail, was unterhalb der "Masse" liegt. Dieser Blick auf Mehrheiten und Minderheiten, auf Menschen, die "heimisch" in einem Staat sind, auf "Fremde" und "Grenzgänger" verschiedener Art wirft weitere Fragen auf: Wie lassen sich Unterschiede und Hierarchien zwischen Menschen und zwischen Staaten begründen? Und lassen sie sich überhaupt begründen?
Balibar verweist auf die aktuellen Formen von Ausgrenzung in der globalisierten Welt, auf die Spaltungen durch Reichtum, Armut und Ausbeutung und durch einen universell gewordenen Rassismus.
Am Beispiel Europas zeigt Balibar, wie sich Landesgrenzen im üblichen, territorialen Sinn zunehmend auflösen. Stattdessen entstehen im Innern von Staaten "Transitzonen", wo Einzelne und Gruppen mit unklarem Status ausgegrenzt vom Rest des Landes leben. Grenzen sind nicht mehr für alle gleich; die Integration oder Isolation richtet sich vielmehr danach, aus welchen Weltgegenden Menschen kommen und aus welchen sozialen Schichten. Zugleich werden Grenzen aber durchlässig: Ökonomische Transaktionen sind nicht zu kontrollieren, ebenso wenig Radioaktivität, Viren oder die Medien im Zeitalter der Satellitentechnologie.
Die Grenzen verschwimmen, aber sie verschwinden nicht, und womöglich sind die neuen, ungreifbaren Grenzen schwerer zu überwinden als die territorialen Grenzen in der Vergangenheit.