Die Maske des Bösen : Groteske Physiognomie als Gegenbild des Heiligen und Vollkommenen in der Kunst des 15. und 16. Jahrhundert

Bok av Christine Winkler
Seit dem Mittelalter kennt die christliche Kunst groteske Maskenformen vorwiegend zur Abwehr und Bannung böser Mächte. Etwa ab dem 15. Jahrhundert wird dagegen die groteske Verzerrung des Menschenantlitzes zur Entlarvung kirchlicher und staatlicher Würdenträger in den politisch-sozialen und theologischen Auseinandersetzungen der Zeit eingesetzt. In diesem Zusammenhang dient die Maske nicht dem Verbergen, sondern dem Aufdecken des vermeintlich Bösen in der Gestalt des Gegners.Gegenstand der Arbeit sind vor allem Doppelkopf-Medaillen, in denen durch Umkehrung Päpste und Kardinäle in Teufel und Narren verwandelt werden. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen Motive des Häßlichen und ihre Gegenbilder des Heiligen und Vollkommenen. Im Rahmen der ikonographischen, religionsgeschichtlichen und ästhetischen Fragestellungen werden Originalschriften des 15. und 16. Jahrhunderts zu den Denkmälern in Beziehung gesetzt, um die Differenz zwischen den theologischen Aspekten und der humanistisch geprägten Kunstauffassung herauszuarbeiten. Dabei werden Werke von Leonardo da Vinci, Dürer, Grünewald und besonders die Bilderwelt von Bosch stellvertretend für das künstlerische Schaffen in Italien, Deutschland und den Niderlanden herangezogen. Im Kunstverständnis des Manierismus spielen das Vergnügen am Mißgebildeten und der phantastische Aspekt des Häßlichen zunehmend die Rolle des wertfrei Kuriosen, so daß die Doppelkopf-Medaillen nicht nur nach dem moralischen Aspekt der Darstellung des Bösen zu betrachten sind, sondern auch im Hinblick auf ihren spielerischen Reiz.