Georg von Hertling - >Für Wahrheit, Freiheit und Recht< : Sein Beitrag zur Entstehung und bleibenden Gestalt der Katholischen Soziallehre

Bok av Markus Arnold
Dass die Kirche wieder Zugang zurmodernen Gesellschaft fand nach ihrem gesellschaftlichen>Out< in der Zeit nach der Säkularisation in derzweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, dass die KatholischeSoziallehre von ihren Anfängen an bis zur Gegenwart einvon den Human-, Sozial-, Lebens- und Naturwissenschaftensowie von der Politik viel gefragter Gesprächspartnergeworden ist, hat einige wichtige Voraussetzungen.Diese wurden zumindest grundsätzlich im Kontexteines heftigen >Richtungskampfes< im 19. Jahrhundertgeklärt, der im Blick auf die Bewertung der >sozialenFrage< und der daraus zu ziehenden sozialethischen Konsequenzenausgefochten wurde: Vorreiter waren hierzunächst die katholischen Romantiker (Franz von Baaderu.a.), die sich eine Lösung der sozialen Problematik erhofftendurch eine Wiederbelebung und Erneuerung derGesellschaft nach dem Konzept der mittelalterlichenStändeidee. Der dahinter stehende Ansatz ging davonaus, dass letztlich nur aus den Quellen des Glaubens dieProbleme der modernen Gesellschaft gelöst werdenkönnten, denn die eigentliche Ursache für die höchstschwierigen Zustände sah man auch im Glaubensabfall.Dass sich dieser Weg, der letztlich wohl ins kirchlicheund sozialethische Abseits geführt hätte, dann aber dochnicht durchsetzen konnte, ist weitaus mehr als bisherallgemein bewusst das Verdienst des Philosophen undSozialpolitikers Georg von Hertling. Es ist die nicht hochgenug einzuschätzende Leistung dieses philosophischen>Kirchenvaters< der Katholischen Soziallehre, dass sichein anthropologisch fundiertes, sozialphilosophischnaturrechtlichesSelbstverständnis Katholischer Soziallehreentwickeln konnte, dass diese, basierend auf demchristlichen Menschenbild und den darauf aufbauendenSozialprinzipien, eine Gestalt ausgeprägt hat, mit der derGefahr des offenbarungstheologischen Fundamentalismus(wie er sich in der Romantik artikuliert hat) begegnetwerden konnte und das Fundament gelegt wurde füreine universal kommunikable und rational nachvollziehbare,in der pluralistischen Gesellschaft unverzichtbare,zugleich unverkennbar christlich profilierte Konzeptionvon Staat und Gesellschaft, von Sozial- und Wirtschaftsordnung,aber auch von wissenschaftstheoretischerStruktur. Die vorliegende Studie füllt eine Lücke in derwissenschaftlichen Forschung zur Entstehung der KatholischenSoziallehre, zeigt sie doch erstmalig auf, dass undauf welche Weise Georg von Hertling die entscheidendenWeichenstellungen für das Werden und die bleibendeGestalt der Katholischen Soziallehre, aber auch christlicherSozialpolitik vorgenommen hat. Das Buch stelltvon daher einen Gewinn für alle dar, die sich um fundierteErkenntnisse zu Entstehung und Hintergründenheutiger Sozialpolitik-Konzepte und Reformvorstellungenchristlicher Provenienz bemühen, um selbst in denaktuellen Auseinandersetzungen fundiert Position beziehenzu können.